In diesem Fall aus dem Bereich der Arzthaftung geht es um Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler und Dokumentationsfehler der Behandler unseres Mandanten. Das ärztliche Fehlverhalten spielte sich im Rahmen der Implantation einer Oberschenkelprothese und der insofern erforderlichen Nachbetreuung ab. Für unseren Mandanten fordern wir nun Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Aufklärungsfehler.
Unser Mandant begab sich zur operativen Versorgung eines Distorsionstraumas (Verletzung der Bänder oder Gelenkkapsel) an seinem linken Sprunggelenk in das städtische Universitätsklinikum. Post-operativ kam es zu einem Wundinfekt, von dem auch die Gelenke betroffen waren. Aufgrund des Infekts waren mehrere Revisionsoperationen erforderlich.
Mehr als zehn Jahre später suchte unser Mandant die Orthopädie und Traumatologie des städtischen Klinikums erneut auf. Denn er litt seit geraumer Zeit an starken Schmerzen im linken Oberschenkel. Es war unserem Mandanten zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Schmerzen nicht möglich, länger als eine Stunde lang zu stehen oder mehr als einen Kilometer zu Fuß zu gehen. Diese Einschränkungen schilderte er den Behandlern ausführlich.
Die Untersuchungen zeigten mehrere klinisch-radiologische Einschränkungen. Die Behandler stellten die Indikation zum endoprothetischen (Gelenkersatz) Ersatz des linken oberen Sprunggelenks. Zu diesem Zwecke vereinbarten sie einen Operationstermin mit unserem Mandanten. Wenig später begab sich unser Mandant stationär in das Klinikum.
Vor der Ersatzoperation klärten die Behandler unserer Mandanten nur ungenügend über die Folgen und Risiken der geplanten Operation auf. Sie informierten unseren Mandanten lediglich anhand eines schriftlichen Aufklärungsbogens. Hierbei verwendeten sie einen deutschsprachigen Bogen und baten unserem Mandanten keine Hilfe bei der Übersetzung an und zogen auch keinen Dolmetscher bei, obwohl unser Mandant als französischer Staatsbürger offensichtlich nicht dazu in der Lage war, die medizinischen Fachbegriffe der deutschen Sprache vollständig zu verstehen. Außerdem enthielt der Aufklärungsbogen lediglich einen allgemein gehaltenen Hinweis hinsichtlich des Risikos einer Nervenschädigung, ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen. Auch ergibt sich aus dem Aufklärungsbogen, dass unser Mandant nicht über das Risiko informiert wurde, dass sich die Prothese bereits kurz nach dem Einsetzen wieder lockern kann und dann Revisionsoperationen erfolgen müssten. Stattdessen wiesen die Behandler unseren Mandanten nur darauf hin, dass eine Lockerung der Prothese nach einigen Jahren auftreten könne.
Trotz der mangelhaften Aufklärung unseres Mandanten fand die geplante Operation statt. Die Behandler implantierten unserem Mandanten eine zementfreie titanbeschichtete Oberschenkelgelenkprothese. Nur zwei Tage später entließen sie unseren Mandanten. In der Patientenakte ist der Zustand unseres Mandanten zu diesem Zeitpunkt wie folgt beschrieben: „Weitgehend beschwerdefrei und subjektiven Wohlbefinden“ .
Im Widerspruch dazu steht die zeitgleich angefertigte Dokumentation der Pflege, die richtigerweise festhält, dass unser Mandant bereits einen Tag nach der Operation so starke Schmerzen im Bereich des operierten Oberschenkels hatte, dass er ständig Hilfe beim Aufstehen, Gehen, Liegen und Mobilisieren benötigte. Zusätzlich traten Bewegungseinschränkungen im Sprunggelenk und Sensibilitätsstörungen auf. Im Entlassungsbericht sind diese gravierenden Beschwerden nicht erwähnt.
Nervenschaden wird zunächst übersehen.
Nachdem weder die Krankengymnastik, noch die Physiotherapie die Schmerzen und Einschränkungen verbessern konnten, schickte man unseren Mandanten erneut zur Vorstellung im Universitätsklinikum. Die klinische Untersuchung, die in diesem Zuge durchgeführt wurde, zeigte einen Druckschmerz über dem Gelenk, eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit und ein Sensibilitätsdefizit an mehreren Stellen des Beins. Obwohl diese Symptome eindeutig auf eine Verletzung des Nervus peroneus (Ischiasnerv am Oberschenkel) und eine mögliche Lockerung der Prothese hindeuteten, versäumte der Behandler eine entsprechende Therapie. Stattdessen verordnete er lediglich Krankengymnastik. Spätestens hier hätte jedoch eine weitere neurologische Untersuchung angeordnet werden müssen, um die wahren Ursachen für die Sensibilitätsstörungen und Bewegungsdefizite abzuklären. Wäre dies erfolgt, hätte der Behandler mit Sicherheit bereits zu diesem Zeitpunkt die Läsion des Nervs feststellen und entsprechend behandeln können.
Die Krankengymnastik half wieder nicht weiter. So wurde unser Mandant schließlich an einen Neurologen überwiesen. Dieser stellte die Schädigung des peroneus Nerven endlich fest. Zusätzlich diagnostizierte er ein neuropathisches Schmerzsyndrom, welches regelmäßig mit Nervenschädigungen einhergeht. Außerdem lagen bei unserem Mandanten eine mäßige Synovitis, sowie eine starke knöcherne Reaktion im Talus vor. Zudem ging die Knochenumbauaktivität deutlich über das normale Maß hinaus.
Zu diesem Zeitpunkt litt unser Mandant unter enormen Schmerzen. Auf einem Schmerzfragebogen gab er an, auf einer Skala von 1 bis 38 an Schmerzen des Grades 32 zu leiden. Sein Gangbild wird in einem Arztbrief einer Rehabilitationsklinik als „hinkend“ beschrieben. Das Abrollen seines linken Fußes war nicht mehr möglich.
Bei einer erneuten Vorstellung und Untersuchung im Universitätsklinikum bestätigte sich der Befund. Trotzdem leiteten die Behandler erneut keinerlei Therapiemaßnahmen ein.
Inzwischen war unser Mandant auf die ständige Einnahme des Präparats „Lyrica“ (wirkt im Gehirn, verringert dort die unkontrollierte Weiterleitung von elektrischen Signalen. So werden Krämpfe und Bewusstseinsstörungen verhindert) angewiesen. Trotz einer Einnahme von 5 Tabletten pro Tag, verspürte unser Mandant jedoch kaum Besserung. Die Schmerzen nahmen weiter zu, die Bewegungseinschränkung wurde größer und Taubheitsgefühle traten hinzu.
Im Rahmen einer Untersuchung in einer neurologischen Gemeinschaftspraxis wurde zusätzlich eine depressive Verstimmung unseres Mandanten festgestellt. Dennoch halfen die Behandler unserem Mandanten nicht weiter. Sie stellten lediglich immer wieder fest, dass die transplantierte Prothese ordnungsgemäß sitze.
Lagerungsschaden.
Zwei Jahre nach der Transplantation begab sich unser Mandant schließlich in die Hände eines weiteren Orthopäden. Dieser überwies unseren Mandanten an eine nuklearmedizinische Praxis. Dort bekundete man endlich: Es bestand der hochgradige Verdacht auf eine Lockerung der Prothese.
Bis heute ist unser Mandant wegen seiner Leiden in Behandlung. Aufgrund der gesundheitlichen Belastung kann er aktuell immer noch keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen.
Wir werfen den Behandlern eine Vielzahl an Behandlungsfehlern und Aufklärungsfehlern vor. Zum einen ist es während des operativen Eingriffes zur Transplantation der Prothese zu einem Lagerungsschaden gekommen, der bei unserem Mandanten unmittelbar nach der Operation zu starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen geführt hat. Die Schädigung des Nervus peroneus ist eine typische Folge einer nicht dem medizinischen Facharztstandard entsprechenden Lagerung des Patienten während einer Operation im Hüft- oder Beinbereich. Da die Lagerung des Patienten für den Behandler voll beherrschbar ist, handelt es sich um einen groben Fehler. Unserem Mandanten kommt insofern die Beweislastumkehr zugute.
Außerdem erfolgte auch die Implantation als solche fehlerhaft, sodass sich die Prothese kurze Zeit nach der Operation lockerte und dies mitursächlich für die ständigen Schmerzen unseres Mandanten war.
Weiterhin sind den Behandlern Befunderhebungsfehler unterlaufen. Denn sie haben es trotz eindeutiger Symptome unterlassen, weitere diagnostische neurologische Untersuchungen zu veranlassen, um die Ursache der Beschwerden zu finden. Bei einer frühzeitigen Befunderhebung und einer entsprechenden Therapie hätten die Beschwerden unseres Mandanten gemildert und seine Heilungschancen verbessert werden können. Dem Facharztstandard nach wäre eine Dekompression durch Faszienspaltung indiziert gewesen, nachdem konservative Methoden wie eine Peroneusschiene oder eine Elektrotherapie erfolglos waren.
Trotz der eindeutigen Befunde im Artbrief wurden - und das erscheint völlig unverständlich - auch bei weiteren Terminen mit unserem Mandanten keine der gebotenen Maßnahmen eingeleitet.
Hinzukommt die fehlerhafte Dokumentation der Behandlung und Beschwerden unseres Mandanten (unvollständiger Entlassungsbericht) und die mangelhafte und lediglich schriftliche Aufklärung in deutscher Sprache, die zudem zuseht erfolgte (am Vorabend des Eingriffes).
Aufgrund der fehlenden mündlichen Aufklärung, der Verspätung der Aufklärung und der Unvollständigkeit der Aufklärung war die Einwilligung unseres Mandanten in den operativen Eingriff unwirksam. Durch die groben Aufklärugsfehler war es unserem Mandanten nicht möglich, sich selbstbestimmt und rechtzeitig ein umfassendes Bild über die Risiken und den Ablauf des geplanten Eingriffes zu machen.
Wir fordern Schmerzensgeld.
Durch die vielfältigen Fehler der Ärzte sind unserem Mandanten gravierende Schmerzen und gesundheitliche Einschränkungen entsenden. Für unseren Mandanten fordern wir ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000 Euro. Zusätzlich verlangen wir den entstandenen Haushaltsführungsschaden ersetzt. Außerdem fordern wir die Feststellung der Ersatzpflicht der Behandler für weitere zukünftige Schäden, die unser Mandant in Folge der Behandlungsfehler erleidet.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht